UTA PILLING

bahnhöfe

abfahrt ankunft zwischenstation
wortfetzen lichter leerer perron
lasten trauer schweres gepäck
eisiger schauer entgültige schritte
verloren vertrautheit verlorene mitte
der sprung aufs trittbrett ins unbekannte
fremde bewegung den körper bannt
letzter abschied der winkenden hand
und schon fliegen bilder in rasendem takt
bunte fetzen die seele liegt nackt
in abschiedsschmerz neugier
der rhytmus ermüdet augen und glieder
träge phantasien wünsche wachsen wieder
träume von ankunft ganz neuer liebe
wehmut und narrenspiel im harten getriebe

wenn der tanz nie getanzt wird
wenn die seifenblasen größer
sind als der verstand
dann wird es zeit mein kind
stell dich selber an die wand
reiß ein letztes mal
die kleider runter
sieh dein nackter schatten
selbst fühlt mehr als du
und prall endlich an die mauer
schau dir wie immer selber zu
dein eignes einzig warmes rot
lass dich in seinen mantel hüllen
versuch ein letztes mal
aus jämmerlicher einsamkeit zu brüllen


tanz müder schatten

morgen bricht an seine gespenster
deren efeu mich verschlang
süßer traum du solotänzer
wem gilt die gier der gläserklang

gelber wein vergällt moral
unendlich schlingen knoten
bleischwerer tanz elender qual
steigt frühnebeln gleich boten

vom ende der nacht
ein traumbild so leicht
deine wilde gebärde sacht
fordert mich und erreicht

narziß gleich narziß
spiegel uns beiden
quer geht der riß
schmerz zu erleiden

biegen die leiber sich
schmelzen zusammen
alles begehrt nur dich
verlöscht nicht ihr flammen

bricht durch den schweiß
die kronen der bäume
ein knabe so weiß
in des tages träume

der tanz müder schatten
sehnsucht der glieder
es tagt wir ermatten
schlaf senkt uns nieder


zug der verdammten

sitzen im zug der verdammten
wer wir fahrn gradeaus
abspringen wohin sieh doch die schranken
unfehlbar vorm abgrund bergauf
die reise nimmt ihren lauf ihren lauf

vorüber an düsteren gezeiten
wer wir fahrn gradewegs
vorbei am vergessenen tal
verlorenen weiden wäldern an heiden
trostloses coupet unendlicher qual

sitzen im zug der verlierer
wer wir gelähmt durch die angst
verfolgt von der zukunft in zugluft
egal wer du warst was du sangst
wir kommen nie an wohin dann

rasen wir weiter finden kein ziel
heißer atem auf glas
der vollmond kündet eisige nacht
diabolischer tanz im zittrigen gras
wann endlich ist es vollbracht

schlagen im takte kolben aus rost
wer wir blick in die irre
haltlos stirbt eine träne wird frost
greift metall schmeckt staub süß bitter
trüb ist das fenster klar jeder splitter

sitzen im zug der verdammten
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .


tango trägt erde

tango trägt erde
und doch sind seine sohlen leicht
pfeile bohren sich
einem lachenden bajazzo gleich
in dein herz
tragen dich rhytmisch
auf gewitterstillen wassern
ruhe vor dem sturm
der bricht los und dich auf
wirbelt durch sand und stahl
beides lacht lächelt stöhnt
dir den schweiß aus den rippen
sehnsucht macht sich auf die suche
sucht Sucht sucht Sucht

komm komm komm
schritt schritt schritt
denk nicht denk nicht denk nicht
laß dich nicht fallen fallen fallen
noch nicht noch nicht noch nicht
halswirbel steiß die knie sind
füße füße füße
tanzen stampfen schweben
tango tango tango


schau nur der nebel

schau nur der nebel hüllt uns ein
der bug des schiffes schneidet grau
in grau wasser nebel tau

so still kein laut dringt an unser ohr
unwirklich fliegen fetzen aus nichts
gib mir deine klamme kalte hand
wir leben noch nur das will ich spüren
kein ufer kein zeichen kein signal
ausgerechnet hier auf dem fluß
welch teufel hat uns geritten und doch
dieser moment der tiefen zweisamkeit
in der einsamkeit

schau nur der nebel hüllt uns ein
der bug des schiffes schneidet grau
in grau wasser nebel tau

ahnst du die weidem pappeln das ufer
der duft setzt ein lebenszeichen
auch wenn die augen nichts bestätigen
ganz nah lass uns zusammenrücken
selbst in deinem bart glänzen tropfen
wer führt das schiff bleibt uns verborgen
stampfend bewegt sich der kahn
wie ein trotziges störrisches kind
das beben erreicht auch uns

schau nur der nebel hüllt uns ein
der bug des schiffes schneidet grau
in grau wasser nebel tau

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Copyright © Dr. G. Geigemüller, Leipzig , August 2000.
Diese Seite wurde kreiert am 08.10.00 von Olga Geigemüller